Demokratieförderungsgesetz: Was ist der eigentliche Zweck?
Mit diesem Gesetz will die Ampelregierung die Förderung von Demokratieprojekten in Organisationen und Vereinen durch den Bund festschreiben, und zivilgesellschaftliches Engagement und politische Bildung stärken. Und das soll kräftig gefördert werden. Bedingung ist, dass die Projekte gemeinnützig sind und sich der Demokratieförderung und Extremismusprävention verpflichtet sehen.
Wenn man die Äußerungen der Ampelregierung selbst und so mancher Koalitionäre richtig liest und deutet, dann merkt man schnell, wie einseitig politisch aufgeladen der Begriff „Zivilgesellschaft“ in der Ampelkoalition gesehen wird. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß die Ampel eher an linke Gruppen denkt. Und da beginnen meine erheblichen Zweifel an dem geplanten „Demokratieförderungsgesetz“. Wird der Einsatz z. B. gegen den Linksextremismus oder gegen Islamisten auf der Grundlage des geplanten Gesetzes in gleicher Weise gefördert wie der Einsatz gegen den Rechtsextremismus und die Reichsbürger, oder bekommt dieser Einsatz ein paar Fleißkärtchen mehr?
Das ist nur eine der Fragen, die ich mir stelle. Wer beurteilt den Einsatz für die Demokratie? Reicht es aus gegen Muslimfeindlichkeit zu sein, oder ist auch ein Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat notwendig? Gehört die „Letzte Generation“ dazu, weil sie sich für den Klimaschutz einsetzt?
Eine Zivilgesellschaft, die zur Zahlungsempfängerin des Staates und damit zum Haushaltsposten der Bundesregierung herabsinkt, ist ihres Kerns beraubt. Sie gerät in ein Verhältnis der Abhängigkeit von den jeweils herrschenden Mehrheiten. So erwächst eine neue Art von Untertänigkeit. Etwas, was ein echter Demokrat eigentlich gar nicht wollen kann. Die eigentliche Gefahr des „Demokratieförderungsgesetzes" ist jedoch das Instrumentarium, das es künftigen politischen Zwecken zur Verfügung stellt. Der Staat schüttet Prämien aus für die jeweils erwünschte Weltanschauung – andere Mehrheiten mögen dereinst zu anderen Wertekanons gelangen und vergeben Prämien dann an ihre Gesinnungsfreunde.
Ich will nicht, dass der Staat bzw. die jeweilige Regierung über ein solches Instrumentarium verfügt. Wenn eine Regierung Gesinnungsfreunde fördert, setzt sie sich dem Vorwurf aus, lediglich die eigene Machtbasis zu erweitern. Deshalb schadet ein solches Instrumentarium in meinen Augen eher der Demokratie als dass es ihr nützt. Daraus folgt für mich: Der Staat sollte sich aus der zivilen Gesellschaft weitgehend heraushalten. Er sollte zu Kritik und Eigenverantwortung ermuntern und den Rechtsstaat als Rahmen stärken.
Um die Demokratie zu schützen, bedarf es in erster Linie eines starken und wehrhaften Rechtsstaats, und nicht einer gesinnungsethisch durchformatierten Gesellschaft am Gängelband des Staates. Um die Demokratie zu fördern, bedarf es zuallererst der Erkenntnis, dass demokratische Freiheiten stets auch mit Pflichten verbunden sind. Und nicht zuletzt bedarf es in den Schulen und in den Erwachsenenbildungseinrichtungen einer entsprechenden Unterrichtung über das Wesen eines demokratischen Rechtsstaates und seiner Rechte und Pflichten. Für all das benötigt man weder ein „Demokratieförderungsgesetz“ noch ein entsprechendes Förderprogramm.
Frau Paus möchte das Momentum nutzen und bemüht die kürzlich vereitelten Umsturzpläne im Reichsbürgermilieu, um die Notwendigkeit eines „Demokratieförderungsgesetz“ zu begründen. Dabei hat gerade die Großrazzia gegen das Milieu der Reichsbürger gezeigt, dass ein Rechtsstaat wehrhaft die Demokratie schützen kann, wenn er seine Stärken und Möglichkeiten ausschöpft. Dazu benötigte man kein „Demokratieförderungsgesetz“, sondern „nur" mutige Politiker/innen.
Dass insbesondere der linke Teil der SPD und ein Großteil der Grünen und die Ampelkoalition als Ganzes ein „Demokratieförderungsgesetz“ wollen, ist keine gute Nachricht für die Demokratie. Denn mit diesem Gesetz will sich der Staat eine Gesellschaft ganz nach seinem Bilde formen. Und das kann man als Demokrat nicht wirklich wollen.
Der Autor Hans Köhler, ehem. Bürgermeister in der Stadt Wendlingen am Neckar, ist Mitglied des Landesvorstands der Senioren-Union Baden-Württemberg.
Titelbild: C. Bühnert