In der aktuellen Diskussion um die Wiedereinsetzung einer Wehrpflicht nimmt die Senioren-Union Baden-Württemberg in einem gemeinsamen Antrag der Bezirksvorstände Nordwürttemberg, Nordbaden, Südbaden und Württemberg-Hohenzollern zur Bundesdelegiertenversammlung 2025 der Senioren-Union Stellung.
Die Sicherheitslage Deutschlands und Europas hat sich seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine fundamental verändert: Die Jahrzehnte der sogenannten “Friedensdividende” sind vorbei. Die Bedrohung durch ein zunehmend aggressiv auftretendes Russland ist real und wird sich nach Einschätzung internationaler Militärexperten in den kommenden Jahren weiter zuspitzen.
Ein glaubwürdiges Abschreckungspotenzial ist daher unverzichtbar. Es bedarf nicht nur moderner bedarfsgerechter Ausrüstung, sondern vor allem ausreichenden und gut ausgebildeten Personals in der Bundeswehr. Der aktuelle freiwillige Wehrdienst wird – trotz guter Ansätze – nicht ausreichen, um den Personalbedarf zu decken.
Die Wehrpflicht ist im Grundgesetz (Art. 12a GG) verankert und wurde 2011 lediglich ausgesetzt, nicht abgeschafft. Die damit einhergehende Auflösung der Strukturen (z. B. Musterung, Ausbildung, Kaserneninfrastruktur) war politisch nachvollziehbar, aber angesichts der veränderten Weltlage rückblickend problematisch. Die notwendige Wiederherstellung solcher Strukturen muss zügig und planvoll angegangen werden.
Gleichzeitig und gleichrangig muss der Schutz der Zivilbevölkerung im Krisen- und Verteidigungsfall massiv verbessert werden. Der Bevölkerungsschutz – als integraler Bestandteil nationaler Sicherheitsvorsorge – benötigt moderne Ausrüstung, leistungsfähige Koordinierungsstrukturen und ausreichendes Personal sowie das regelmäßige Überprüfen der Strukturen und Maßnahmen mittels realitätsnaher Übungen.
Die Verzahnung von militärischer Verteidigung und ziviler Resilienz ist entscheidend für die Gesamtverteidigungsfähigkeit unseres Landes.
Eine effektive, glaubwürdige Landes- und Bündnisverteidigung ist nicht allein durch Geld und Technik zu gewährleisten – sie braucht auch Menschen, die bereit sind zu dienen. Die Zeit der Denkverbote ist vorbei. Wenn der freiwillige Dienst nicht ausreicht, muss die Pflicht folgen.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bzw. die Fraktionen der CDU und CSU in den Landtagen und Bürgerschaften der Bundesländer werden aufgefordert,
- den personellen Aufwuchs sowie die optimale Ausrüstung und Ausstattung der Bundeswehr mit höchster Priorität voranzutreiben,
- im Rahmen des angekündigten freiwilligen Wehrdienstmodells verbindliche Zielzahlen und Zeitpläne für den Personalaufwuchs zu definieren,
- gesetzlich festzulegen, dass – sofern diese Zielgrößen im definierten Zeitraum nicht erreicht werden – automatisch die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht erfolgt,
- umgehend ein Konzept zur Reaktivierung der zum Personalaufwuchs benötigten Strukturen (z. B. Kreiswehrersatzämter, Ausbildungskapazitäten, Infrastruktur) zu erarbeiten und umzusetzen,
- die gesellschaftliche Akzeptanz und Einbindung der Bundeswehr durch gezielte Maßnahmen zu fördern, u. a. durch öffentliche Gelöbnisse, eine stärkere Präsenz im Alltag sowie die bessere Integration in das Bildungssystem,
- auf nationaler und europäischer Ebene für eine zeitgemäße sicherheitspolitische Kultur einzutreten, die Wehr- und Dienstpflichten als Teil demokratischer und staatsbürgerlicher Verantwortung versteht, und
- den zivilen Bevölkerungsschutz umfassend zu stärken, insbesondere durch Ausbau und Modernisierung von Katastrophenschutzstrukturen, Ausbildung und Ausstattung ehrenamtlicher Helfer sowie durch eine engere Verzahnung mit den Bereichen Wehrdienst und Zivilschutz. Diese Strukturen sind durch regelmäßige gemeinsame Übungen zu überprüfen und weiterzuentwickeln.