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Bild: Hannelore Wied
Bild: Gruppenbild vor einem NH90 in Niederstetten, TrspHubschrRgt 30

Auf Initiative des Vorsitzenden des CDU-Landesfachausschusses „Äußere Sicherheit und Entwicklungspolitik“ Volker Mayer-Lay, MdB, hatten die Mitglieder und die Generalsekretärin der CDU Baden-Württemberg, Nina Warken, MdB, die Gelegenheit hinter die Kulissen des Transporthubschrauberregiment 30 „Tauberfranken“ in Niederstetten zu schauen und umfassende Informationen zu bekommen. Für den Autor dieses Beitrages war es besonders interessant  aus erster Hand über die aktuelle Nutzung des NATO-Helicopter 90 (NH90) in der Truppe zu erhalten. Er leitete in den Jahren 2007 bis 2010  im Führungsstab der Luftwaffe das Referat, das für die militärische Seite die Entwicklung, Einführung  und zukünftige Nutzung dieses Hubschraubers begleitete.

Geschichte des NH90

In den 1980er Jahren gab es erste Konzepte in der NATO für einen Transporthubschrauber in der Gewichtsklasse im Bereich 10 Tonnen um die Typenvielfalt zu reduzieren und mit einen deutlich leistungsfähigeren Hubschrauber die bisherigen ins Alter gekomme Bell UH-1D zu ersetzen. Die Forderungen und auch Interessen der einzelnen Staaten waren so unterschiedlich, dass letztlich zunächst nur Frankreich, Italien, die Niederlande und Deutschland sich auf ein gemeinsames Rüstungsprojekt einigten und die Entwicklung und Produktion vereinbarten. Später kamen weitere Nationen hinzu (heute 15 insgesamt und mehr als 600 Bestellungen).

Der NH90 wurde als allwetter- und nachtflugtauglicher Mehrzweckhubschrauber für Heer, Luftwaffe und Marine konzipiert. Als Haupteinsatzgebiete wurde definiert: Material- und Personaltransport, Einsatz von Spezialkräften, Evakuierung von Verwundeten vom Gefechtsfeld, Not- und Katastrophenhilfe. Er sollte 2,5 t Innenlast oder 4 t Außenlast bzw. bis zu 16 ausgerüstete Soldaten transportieren können. Durch ein modulares Konzept sollten rollenspezifische Ausrüstungen für spezielle Missionen möglich sein. Die Flugsteuerung sollte erstmals elektronisch erfolgen (Fly-by-wire). Für die Entwicklung und Produktion wurde das Industriekonzortium NATO Helicopter Industries (NHI, in dem AIRBUS Helicopters die Mehrheit hat) beauftragt und die NATO-Rüstungs- und Beschaffungsagentur NAHEMA war im Auftrag der Nationen der Auftraggeber. Am 18.12.1995 erfolgte der Erstflug in Frankreich und seit 2010 wurde er schrittweise in die Bundeswehr eingeführt und die ersten Einsätze erfolgten 2012 in Afghanistan. Dieses Rüstungsprogramm verlief in der Entwicklung sehr schleppend, da die Industrie die vielen nationalen Bau-/Änderungswünsche zwar befriedigen wollte aber in der vorgegebenen Zeit und im finanziellen Rahmen nicht realisieren konnte. Allein die Bundeswehr hatte drei unterschiedliche Modellvarianten gefordert (Heer, Luftwaffe und Marine). Mit der neuen Aufgabenzuordnung im Lufttransport der Bundeswehr ab 2012 hat die Luftwaffe ihre geplanten NH90 an das Heer abgegeben und das Heer dafür den schweren Transporthubschrauber CH-53 an die Luftwaffe übergeben. Die Marineversion zur Uboot-Bekämpfung und Überwasserkriegsführung steht erst am Beginn der Einführung.

Neben der starken Projektkritik aufgrund der deutlich mehrjährigen, verspäteten Einführung des NH90 wegen zunächst vielen Unzulänglichkeiten gegenüber den Forderungen der Streitkräfte und vielen unterschiedlichen Bauzuständen der Anfangs-auslieferungen, ist in der heutigen Nutzung die weiterhin bestehende begrenzte Einsatzbereitschaft des NH90 wegen des – immer noch aufwändigen – Instandhaltungskonzeptes eine nur schwer zu tragende Einsatzeinschränkung.

Der Verband am Standort Niederstetten hat den Auftrag die Division Schnelle Kräfte (DSK) mit Truppen- und Versorgungstransporten zu unterstützen, steht bereit für Katastrophen- und Feuerlöschhilfe aus der Luft sowie Evakuierungseinsätze und stellt den Dauereinsatz SAR mit drei SAR-Kommandos sicher.
Hierzu ist er seit 2014 mit NH90 ausgestattet und nutzt seit 2020 für SAR-Einsätze den Airbus-Hubschrauber H 145 LUH SAR.

Die personelle Situation mit aktuell über 1.000 Soldaten und Soldatinnen sowie mehr als 200 Zivilbeschäftigte entspricht zu etwa 80 %  dem Soll und hat somit einschränkende Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Hubschrauber aber auch die Verlegefähigkeit des Verbandes. Die Ausbildung des fliegenden und technischen Personales ist zeitlich sehr aufwändig und insbesondere bei den Technikern ist der Anteil der Berufssoldaten relativ gering und somit besteht permanent ein hoher Regenerationsbedarf.

Die materielle Situation ist gekennzeichnet durch einen immer noch nicht zufriedenstellenden Klarstand der Hubschrauber, der insbesondere durch den hohen zeitlichen Aufwand durch vorgeschriebene planbare Instandhaltungsmaßnahmen gekennzeichnet ist. Durch den begrenzenden Faktor Personal kann hier nur eine durchschlagende Verbesserung erfolgen, wenn der bisher geforderte Aufwand an planbaren Instandhaltungsmaßnahmen deutlich reduziert wird, indem man eine bessere Balance zwischen den Erkenntnissen aus den Onboardüberwachungssystemen und den tatsächlichen Erkenntnissen der Techniker aus Sichtinspektionen findet. Hierzu gibt es konkrete Vorstellungen der Truppe, aber auch der Hersteller muss in die Pflicht genommen werden. Für Krisenfälle gibt es bereits entsprechende Vorkehrungen um den planbaren Instandhaltungsaufwand zu reduzieren..
Der Verband ist aufgrund der auslaufenden Zugehörigkeit zur Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) aktuell materiell für diesen Auftrag zu nahezu 100 % ausgestattet, jedoch zu Lasten anderer Heeresverbände. Unsicherheit besteht aktuell darin, ob dieser Zustand erhalten werden kann, da der Verband ab 2025 mit bis zu 14 NH90 zur kurzfristigen Unterstützung  der sog. Litauen-Brigade eingeplant ist. Allgemeiner Tenor der Verbandsführung war, dass von dem 100 Mrd Sonderprogramm für die Bundeswehr an der Basis bisher nichts erkennbares ankam. Unverständnis besteht darin, dass es weiterhin an der Soll-Ausstattung von unmittelbar beschaffbarem Gerät wie z.B. Kraftfahrzeugen aller Art, Bergegerät, Funkgeräten oder auch spezieller Ausstattung zum Datenaustausch mit NATO-Partnern mangelt.
Mit Stolz wurde berichtet, dass im Mai diesen Jahres große Teile des Verbandes an der NATO-Übung Swift Response 24 an der Südostflanke der NATO mit 14 NH90 erfolgreich teilnahmen, eine hohe Einsatzbereitschaft der Hubschrauber zu verzeichnen war und hierfür auch eine viertägige Landverlegung mit mehr als 100 Fahrzeugen nach Ungarn durchführt wurde.

Die infrastrukturelle Situation des Verbandes kann als gut bis sehr gut bezeichnet werden, da alle technischen Bereiche, die Unterkünfte (überwiegend als Einzimmerappartements), die Sport- und Hallenbereiche als auch die Betreuungseinrichtungen in einem Topzustand sind und derzeit hergerichtet werden.

Bei der anschließenden Besichtigung der Hubschrauber konnten dann Details zur Ausrüstung, Fähigkeiten und Einsatzerfahrungen mit Piloten und Technischen Offizieren vertieft werden.

Fazit

Das Transporthubschrauberregiment 30 ist ein leistungsstarker und hoch motivierter Verband, der sichtbare Freude zeigt, einen der besten Hubschrauber in seiner Klasse nutzen zu dürfen (Originalton der Piloten), der sich den Herausforderungen mit Bravour stellt und bei permanenter Sollausstattung mit Personal und Material noch deutlich bessere Ergebnisse zeigen könnte. Die Infrastruktur ist modern und zeitgemäß.
Für den Autor, der sich noch gut an die z.T. niederschmetternden Kommentare und Bewertungen der Heeresflieger während der Truppenerprobung und Einführung erinnerte, war es eine Genugtuung, dass die teilweise langen Durststrecken im Programm durchgestanden wurden und die Truppe nun dieses sehr leistungsfähiges  Waffensystem in der Nutzung hat.
Vielen Dank dem Führungspersonal in Niederstetten für diesen tiefen und positiven Einblick in das Regiment.

MdB Nina Warken und MdB Volker Mayer-Lay vor SAR-Hubschrauber AIRBUS H 145 SAR, Bild: TrspHubschrRgt 30
Der Autor im Gespräch mit einem Technischen Offizier, Bild: TrspHubschrRgt 30

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